Mir wird zunehmend unverständlicher, wie Autoren wie z.B. Badiou oder Hughes auf die Idee gekommen sind, man solle/dürfe die Bezüge auf Mathematik bei Deleuze in Differenz und Wiederholung oder Deleuze/Guattari in den Tausend Plateaus nicht allzu ernst nehmen. Badiou nennt die Bezüge beispielsweise metaphorisch.
Es ist sicher richtig, dass viele Bezüge nicht allzu genau sind und/oder sich auf historische Formen der Mathematik oder der Physik beziehen. So lässt sich die Diskussion der Infinitesimalrechnung in Differenz und Wiederholung nur dann verstehen, wenn man die Axiomatisierung der Analysis im 19. Jahrhundert ausblendet. Ebenso ist die Verwendung des Begriffs „Tensor“ im 4. Kapitel der Tausend Plateaus nicht mehr aktuell: Dieser bezeichnet historisch eine mathematisch/physikalische Modellierung von Spannungen, heute aber eine Verallgemeinerung von Matrizen. Es lassen sich viele weitere Beispiele finden, etwa wo Deleuze in Differenz und Wiederholung Differentialgleichungen zwar nicht ausdrücklich diskutiert, aber unter der Hand doch an ihnen den Unterschied zwischen Problem und Lösung einführt.
Dennoch sind die Referenzen auf die Mathematik alles andere als abwegig, solange man bereit ist, sie nicht streng axiomatisch, sondern problematisch zu interpretieren, etwa wo sie als Modelle für eine abstraktere Überlegung oder als exemplarische Lösung eines Problems eingeführt werden. Es drängt sich mir immer stärker der Verdacht auf, Zugänge, die die mathematischen Bezüge geringschätzen, machten es sich allzu einfach und soweit ich sehe, gibt – vielleicht mit Ausnahme von Manuel de Landas Arbeiten – noch keine systematischen Analysen, die diese Bezüge verfolgen und dabei auch über Differenz und Wiederholung hinausgehen. Tatsächlich scheinen mir die Bezüge auf die Mathematik das stärkste verbindende Element zwischen Differenz und Wiederholung und den Tausend Plateaus zu sein.