In den ersten März-Tagen des Jahres 1933, also vor 77 Jahren, erlebte die Republik Österreich eine Parlamentskrise, die die Regierung unter dem Kanzler Engelbert Dollfuß zur Beseitigung der Demokratie und zur Installation eines am faschistischen Italien orientierten Ständestaates nutzte (Austrofaschismus). Mit der Mai-Verfassung vom 1. Mai 1933, die nicht rechtmäßig zustande kam, wurden schließlich demokratische Elemente weitgehend beseitigt.
Während aber bei der etwa zeitgleichen Installation des deutschen Faschismus die katholische Kirche keine große Rolle spielte, sah dies im katholischen Österreich anders aus. So heißt es im Weihnachtsbrief der österreichischen Bischöfe von 1933:
Das Jahr 1933 hat der ganzen Christenheit reichen Gnadensegen, unserem Vaterland Österreich überdies viele Freuden gebracht […]. Sie (die Regierung, Anm.) kann schon jetzt auf eine Reihe von segensreichen Taten hinweisen, die das wahre Wohl sichern und fördern[.] [zit. nach Wolfgang Huber Die Gegenreformation 1933/34 in Neuhäuser, 2004, S. 47], hier zit. nach [1]
Der Katholikentag im Oktober 1933 flankierte den katholischen Jubel mit dem Motto „Niemals zurück“ und am 16. August 1933 schl0ß Österreich mit dem heiligen Stuhl ein Konkordat, das unter anderem den Austritt aus der Kirche erschwerte, indem es den Austrittswilligen eine Prüfung des „Geistes- und Gemütszustands“ auferlegt.
Und sogar der Piux XI., der ebenso wie sein Nachfolger Pius XII. durch Schweigen zum Nationalsozialismus aufgefallen ist, erteilte Dollfuß den apostolischen Segen. Schon im Oktober 1933 nannte genannter Pius XI. die Diktaturregierung Dollfußens eine von: „vornehmen Männern, die Österreich in dieser Zeit, in diesen Tagen regieren, die Österreich so gut, so entschieden, so christlich regieren“ [Ebd.] Zwar ist richtig, dass sich Puis XI. mit der Enzyklika „Mit brennender Sorge“ 1937 vom deutschen Faschismus distanzierte, aber angesichts seiner ebenso brennenden Zustimmung für den Austrofaschismus lässt sich wohl nur feststellen, dass die „brennende“ Sorge weniger dem Faschismus, als vielmehr dem Verhältnis der jeweiligen Faschisten zu seiner Kirche galt.
Die Pontifikate kamen und gingen über die Jahrhunderte, aber dieses ist eine der wenigen historischen Konstanten, die insbesondere auf die katholische Kirche zutreffen: Egal was für ein Schwein der Andere ist, solange er Deine Macht hofiert und Dir den Arsch leckt, ist er Dein Freund. – Nicht auszudenken, wenn der Stalinismus ein klerikales Regime gewesen wäre! – Wie dem auch sei: Für einen Historiker ist diese Diagnose trivial und wenig überraschend, dem kirchenkritischen Beobachter zeigt sich nur wieder einmal, wie wenig Platz für Moral in der katholischen Kirche ist: Wäre das Christentum, von einigen wenigen Irren einmal abgesehen, wirklich aus moralisch integeren Menschen, hätte die christliche Lehre tatsächlich irgendeinen moralisch-ethischen Gehalt, wäre die Geschichte vielleicht nicht im Großen und Ganzen, aber doch in unzähligen Nebenschauplätzen anders verlaufen.