Na super…

Nachdem meine Weisheitszahn-OP vor einigen Monaten so schief gegangen war, dass ich einige Wochen kaum oder gar nicht arbeiten konnte, ist es jetzt eine Bronchitis. Irgendwas will offenbar nicht, dass ich die Diss fertig kriege… aber wer ist so böse?

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Deleuze und Mathematik

Mir wird zunehmend unverständlicher, wie Autoren wie z.B. Badiou oder Hughes auf die Idee gekommen sind, man solle/dürfe die Bezüge auf Mathematik bei Deleuze in Differenz und Wiederholung oder Deleuze/Guattari in den Tausend Plateaus nicht allzu ernst nehmen. Badiou nennt die Bezüge beispielsweise metaphorisch.

Es ist sicher richtig, dass viele Bezüge nicht allzu genau sind und/oder sich auf historische Formen der Mathematik oder der Physik beziehen. So lässt sich die Diskussion der Infinitesimalrechnung in Differenz und Wiederholung nur dann verstehen, wenn man die Axiomatisierung der Analysis im 19. Jahrhundert ausblendet. Ebenso ist die Verwendung des Begriffs „Tensor“ im 4. Kapitel der Tausend Plateaus nicht mehr aktuell: Dieser bezeichnet historisch eine mathematisch/physikalische Modellierung von Spannungen, heute aber eine Verallgemeinerung von Matrizen. Es lassen sich viele weitere Beispiele finden, etwa wo Deleuze in Differenz und Wiederholung Differentialgleichungen zwar nicht ausdrücklich diskutiert, aber unter der Hand doch an ihnen den Unterschied zwischen Problem und Lösung einführt.

Dennoch sind die Referenzen auf die Mathematik alles andere als abwegig, solange man bereit ist, sie nicht streng axiomatisch, sondern problematisch zu interpretieren, etwa wo sie als Modelle für eine abstraktere Überlegung oder als exemplarische Lösung eines Problems eingeführt werden. Es drängt sich mir immer stärker der Verdacht auf, Zugänge, die die mathematischen Bezüge geringschätzen, machten es sich allzu einfach und soweit ich sehe, gibt – vielleicht mit Ausnahme von Manuel de Landas Arbeiten – noch keine systematischen Analysen, die diese Bezüge verfolgen und dabei auch über Differenz und Wiederholung hinausgehen. Tatsächlich scheinen mir die Bezüge auf die Mathematik das stärkste verbindende Element zwischen Differenz und Wiederholung und den Tausend Plateaus zu sein.

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Über den Dogmatismus in der analytischen Philosophie

Die letzten Tage hatte ich den Eindruck, dass die Einschläge näher kommen: Schon seit Jahren breitet sich die analytische Philosophie auch auf dem alten Kontinent aus und trägt auch hier ihre Selbsternennung zu einzigen wissenschaftlichen Philosophie mit einer Attitüde vor sich her, die man bisher nur aus den theologischen Seminaren kannte. Hier, im beschaulichen Darmstadt, haben wir die analytische Philosophie bisher wohl eher mit einem skeptischen Interesse wahrgenommen. Mit Interesse, da die Autoren dieser Traditionslinie durchaus gelesen werden, aber zugleich mit Skepsis, da kaum jemand bereit war, die genannte Attitüde unkritisch zu übernehmen.

Meine heile Welt wurde aber in den letzten Tagen gleich zweimal erschüttert: Erst beschimpfte[!] mich ein Wittgenstein-Fan auf Facebook, da ich ein seiner Ansicht nach „philosophisches“ (also für einen Wittgensteinianer letztlich: unsinniges, metaphysisches) Argument gebracht hätte. Ironischerweise wählte er als Vorwurf, ich sei ein Postmodernist. Tatsächlich tue ich mich schwer, mir so ein Label anzukleben, da ich Wittgenstein ebenso lese wie Deleuze und in beiden Fällen versuche, die jeweiligen Argumente ernst zu nehmen. Aber selbst wenn: Mein Argument, an das ich mich – ehrlich gesagt – nicht mehr erinnere, war gewiss nicht postmodern, auch wenn es sicher die Grenzen eher orthodoxer analytischer Lesarten strapaziert haben mag. Das Resultat, das hier von Interesse ist, ist aber eher, dass die Kommunikation über die scheinbaren Schulgrenzen hinweg scheiterte.

Für die zweite Erschütterung muss ich ein klein wenig weiter ausholen: Vor zwei, vielleicht drei Jahren besuchte mich ein junger Bursche, der sich gerade anschicken wollte, ein Studium aufzunehmen, um mit mir über meine „ungewöhnliche“ Kombination aus Philosophie und Informatik zu sprechen. Er war voll von Fragen und ich war voll von – natürlich hochsubjektiven! – Antworten. Natürlich lag und liegt es mir fern, anderer Leute Pläne zu determinieren, aber ich war schon etwas enttäuscht, als ich gestern erfuhr, dass er sich für die analytische Philosophie in Kombination mit Informatik entschieden hatte. Ich hatte hier immer den Eindruck, man pause die formalen Grundlagen der Informatik bloß auf die Philosophie durch und nehme allenfalls kosmetische Erweiterungen vor. Ohne die Voraussetzungen der analytischen Philosophie lassen sich meiner Ansicht nach zahlreiche Aspekte der Informatik analysieren, die durch vorschnelle Formalisierung verstellt werden.

Diese zweite Erschütterung beklagte ich nun – erneut – auf Facebook, wo ich gefragt wurde, was das Problem sei. Ich antwortete, dass die analytische Philosophie ja wohl die „dogmatischste Scheiße“ sei, „die man sich vorstellen kann“. Jeder/m dürfte klar sein, dass Facebook schwerlich ein brauchbares Medium für eine philosophische Diskussion ist. (Tatsächlich ist nicht einmal ein persönliches Gespräch ein solches. Am besten diskutiert es sich in der Philosophie mittels Büchern und Aufsätzen – aber nicht, weil wir immer so viele Worte bräuchten, sondern eher, weil die hohe Geschwindigkeit uns nicht gut tut. Leider ist es tatsächlich sogar so, dass die analytische Philosophie mit hohen Argumentationsgeschwindigkeiten besser umgehen kann. Die Konzepte der kontinentalen Philosophie sind zu komplex, zu verwickelt und zu heterogen.)

Die Antwort auf meinen polemischen Einwurf ist natürlich naheliegend: Ohne weiteres ist dieser selbst äußerst dogmatisch, pauschal und unphilosophisch. Zum Glück habe ich aber einen Teil einer längeren Antwort schon ausgearbeitet und veröffentlicht: In meinem Buch über Wittgenstein und Frege habe ich versucht, ein Licht auf einen Dogmatismus eines Linie in der analytischen Philosophie zu werfen. Es scheint, dass die analytische Philosophie es bisher nicht verstanden hat, das Verhältnis von Logik, dem Ereignis in der Zeit und der Sprache überhaupt zu klären, ohne in einen Dogmatismus zu fallen.

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Was ist eigentlich mit Kai?

Entsetzt muss ich feststellen, dass mein letzter Post drei Monate her ist… Oh Himmel, bin ich so faul gewesen? Nein: Ich war richtig fies krank und versuche jetzt meine Doktorarbeit noch in der verbleibenden Zeit fertig zu kriegen. Die Ruhe hier ist also keine Friedhofsruhe, sondern eher die Ruhe vor dem Sturm. 🙂

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Die Emanzipation nicht den Juristen überlassen…

Ich wurde eingeladen, zum CSD Darmstadt 2012 eine Rede zu halten. Ich dokumentiere sie hier:

New York, 1969, 28. Juni, 1:20 morgens: die Szenebar Stonewall Inn in der Christopher Street im Greenwich Village wird wie schon so oft zuvor von der Polizei gestürmt. Sie filzt, schikaniert und verhaftet auch dieses mal wenig zimperlich. Männer in Frauenkleidern müssen von Polizistinnen ihr biologisches Geschlecht überprüfen lassen und sich auf eine Nacht in der Zelle einstellen. Es ist – mal wieder – nichts anderes als die konsequente Anwendung bestehender Gesetze zur Sicherung der öffentlichen Moral und des Anstands. Wie so oft zuvor lässt auch diesmal die Polizei, schönrednerisch Public Morals Squad genannt, ihrem Hass auf Lesben, Schwule und alles geschlechtlich irgendwie Uneindeutige freien Lauf. Man hatte schließlich im Stonewall Inn immer leichtes Spiel gehabt. Aber eines ist anders an diesem 28. Juni 1969: Die Besucher des Stonewall Inn und die Bewohner des Village schlagen zurück. Keine Demonstration, keine Petition. Es ist ein Aufstand! Die Unruhen dauern Tage, bis sich die New Yorker Polizei schließlich zurück zieht. Eine neue Lesben- und Schwulenbewegung ist geboren. Alles ändert sich an diesem 28. Juni 1969 in New York. Ab sofort schlagen die Tunten zurück!

Es dauert nicht lange, bis die in New York auf der Straße freigesetzten Schockwellen Europa erreichen. Die erste Demonstration in Deutschland, die sich explizit auf Stonewall bezieht, findet 1972 in Münster statt. Und 1979 in Berlin ist schließlich der heutige Name „Christopher-Street-Day“, kurz CSD, geboren. Auch wenn sich die CSDs in den folgenden Jahren immer mehr von politischen Kundgebungen zu bunten Festen entwickelten und AIDS ab den 1980er Jahren so viel Leid brachte, ging es auch für uns bald vorwärts. 1994 wird der verhasste §175 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. 2001 dann endlich das Lebenspartnerschaftsgesetz und 2006 das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verabschiedet. Seitdem kommt die Gleichstellung langsam, aber sichtbar voran. Die Lesben- und Schwulenbewegung ist seit einigen Jahren auf der Erfolgsspur. Letzte Woche deuteten sich sogar in der CDU Stimmen an, die uns endlich gleiche Rechte für gleiche Pflichten geben wollten – darunter die zum rechten Flügel zählende Familienministerin Kristina Schröder. Es läuft so gut, dass sich Werner Hinzpeters schon 1997 formulierte Diagnose, dass die Lesben- und Schwulenbewegung praktisch alles erreicht habe, auf wunderschöne Weise endlich zu bewahrheiten scheint.

Doch halt! Irgendetwas stimmt an dieser Erfolgsgeschichte nicht! Die rechts-konservative Kristina Schröder, die sonst doch kein Fettnäpfchen am rechten Rand auslässt? Die steht plötzlich auf unserer Seite? Ehegattensplitting für Homos – weil wir konservative Werte vertreten? Sollten da nicht alle Alarmsirenen schellen? Wahrlich! Der Erfolg darf uns nicht besoffen machen: Es ist etwas faul, sehr faul! Aber was?

Es geht mir nicht darum, ob Heiraten spießig ist, wie die taz letzte Woche mutmaßte. Lesben und Schwule haben jedes Recht – auch das, genauso langweilig und spießig zu werden wie die Heten.
Es geht auch nicht darum, dass wir faul auf der Couch sitzen und in der Tagesschau präsentiert bekommen, wie Karlsruhe tröpfchenweise eine Gleichberechtigung verordnet.

Es geht auch nicht darum, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz ein Sondergesetz ist – selbst dann noch, wenn es irgendwann gleiche Rechte für gleiche Pflichten verwirklicht. Laut diesem Gesetz, „heiraten“ wir ja nicht, sondern „begründen eine Lebenspartnerschaft.“ Gleichviel! Dass mit weniger als einer offenen BGB-Ehe inklusive Adoption und Diskriminierungsverbot die Gleichstellung nicht zu haben ist, liegt auf der Hand.

Um was geht es also? Um Gleichstellung? Kann Gleichstellung darin bestehen, die Unterschiede zu Heten zu nivellieren, indem wir deren Institutionen übernehmen? Nochmal: Natürlich darf es keine Privilegien für Heten geben, und das Recht, eine Familie zu gründen, ist ein fundamentales Menschenrecht. Dass wir noch darüber diskutieren müssen, ist empörend.

Heute sind wir doch „normale Schwule“, die nicht den ganzen Tag Prosecco schlürfend in Drag herumläufen, und normale Lesben, die nicht nur Holzfällerhemden und Latzhosen besitzen – Diese Bilder haben sicher zur steigenden Normalität beigetragen… – Aber Bilder wie diese sind auch gefährlich: Irgendwann glauben wir sie selbst, legen plötzlich Wert auf sie, wollen keine von den schrillen Schwuchteln sein und finden uns – möglicherweise – schließlich in einer aus Karlsruhe verordneten bürgerlichen Ehe wieder. Befreit wurden wir dann aber bloß nur in eine neue Heteronormativität hinein – eine schwule oder lesbische Form der Hetero-Ehe. Mit dieser haben wir aber keine Gleichstellung, sondern Gleichmachung bekommen. Gleichstellung ist mehr. Sie ist Emanzipation und damit mehr als Gesetzgebung und Rechtsprechung. Emanzipation ist zuerst immer eine Frage der eigenen Kultur, des eigenen Denkens und der eigenen Identität. Kurz: Wollen wir keine Gleichmachung, dürfen wir die Emanzipation nicht den Juristen überlassen.

Und noch etwas erreichen wir nicht, wenn wir die Emanzipation den Juristen überlassen. Solange wir Gesetze bekommen, die unser Zusammenleben regeln, zementiert der Staat Geschlechter und Lebensentwürfe, marginalisiert Minderheiten und definiert abweichendes Verhalten. – Allein: Es geht den Staat nichts an, was einwilligungsfähige Menschen freiwillig miteinander treiben. Ein Schlachtruf der 1970er Jahre ist heute wahrer und notwendiger denn je: Der Staat raus aus unseren Betten! Und was damals der Schlachtruf der zweiten deutschen Schwulenbewegung war, muss heute wieder Konsens werden, nicht nur für Lesben und Schwule, sondern für alle Perversen, die nicht in das romantische Bild der monogamen, geschlechtseindeutigen, heterosexuellen Zweier-Beziehung passen.

Wir dürfen uns nicht länger in anständige, monogame und – ja – irgendwie auch spießige Kopien der Heten einerseits und in herumhurende, schrille, perverse Schweine andererseits auseinander dividieren lassen. Denken wir nochmal an Kristina Schröder und ihre konservativen Werte: Ist es wirklich so weit gekommen, dass unser Kampf für die Homo-Ehe uns von denen trennt, die 1969 auf die Straße gegangen sind? Es waren schließlich die Tunten, Stricher und Dragqueens. Fallen wir gerade etwa auf Gesänge einer Sirene herein, die uns der Orientierung beraubt? Sollten wir nicht lieber die bekämpfen, denen wir nur solange genehm sind, wie wir deren konservativ-bürgerlichen Lebensentwürfe übernehmen?

Wir rufen, wir seien „natürlich anders“, aber wir müssen uns auch wieder trauen, anders zu sein. Geben wir zu, dass es neben dem Menschenrecht auf Spießigkeit auch Unterschiede gibt, die wir uns nicht von Juristen einebnen lassen! Erinnern wir uns wieder an die Tunten, Stricher und Dragqueens, die 1969 in New York auf die Straßen gingen. Und erinnern wir uns wieder an die Transidenten, Intersexuellen, Sadomasochisten, Bi- und Asexuellen, Polyamorösen, Inzestuösen und all die anderen Perversen und Paraphilen, an die lange niemand mehr gedacht hat. Es sind all die schrägen Vögel und die Minderheiten in den Minderheiten, die früher noch so selbstverständlich zu uns gehörten. Wenn wir es mit der Emanzipation ernst meinen, darf uns das staatliche Eheversprechen nicht besoffen machen. Emanzipation bedeutet, dass niemand besser oder schlechter ist oder irgendjemand mehr Recht auf Anerkennung hat. Wollen wir „natürlich anders“ sein, müssen wir auch die Andersartigkeit der Anderen feiern. Die, die wir vor lauter Gesetzesrausch völlig vergessen haben, gehören nicht weniger zu uns. Und solange wir nur akzeptiert werden, wenn wir uns verstellen, anpassen und unsere Geschwister vergessen müssen, sollten wir auf diese so genannte Akzeptanz scheißen.

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Bugreport: Disable common sense in libpirate1, pls.

Nach einigen Monaten des Lurken bei den Piraten (qua Auslandsaufenthalt ist nicht so viel real-praktische Arbeit derzeit möglich), hat sich meine Befürchtung bestätigt, dass ein ganz bestimmter Bug bei den Piraten aufgetreten ist. Die Diskussionen bei den Piraten sind nämlich von der schlimmsten Diskurspest befallen, die überhaupt möglich ist:

Der gesunde Menschenverstand

In fast jeder Diskussion hat fast jeder Pirat eine Meinung, die aber nicht auf Theorie oder Empirie oder gar Praxis basiert, sondern es wird die eigene Empfindung, Ahnung, Empörung verallgemeinert. Jeder weiß schließlich, dass der ESM ein Ermächtigungsgesetz ist. Jeder weiß schließlich, dass Penisse ohne Vorhaut defizitär sind. Jeder weiß schließlich, wie (un)gefährlich Scientology ist. Jeder weiß schließlich, wie ein richtiges Waffengesetz auszusehen hat. Jeder weiß schließlich, was mit unserer Demokratie nicht stimmt. Jeder weiß schließlich, dass dieses oder jenes nur eine Frage der Logik ist… und wer es nicht weiß, der ist vielleicht dumm, vielleicht böse, vielleicht unpiratig, aber zumindest stur. Shitstorm anyone?

Aber kaum einer ist bereit, von seiner eigenen Weltanschauung Abstand zu nehmen, die radikale Möglichkeit des Irrtums anzunehmen und sich die Welt nicht aus der eigenen akademischen Disziplin heraus zu erklären. Und so wird geschwind das eigene Körperempfinden verallgemeinert, die eigene emotionale Affektion zum Standard erklärt und das eigene Denkmodell zum richtigsten, besten, … ach, was weiß ich, erklärt. Es finden sich tatsächlich piratige Blogeinträge, die Weltanschauung mittels Axiomatik erklären wollen – der Autor ist Informatiker und der Text so blöde, dass ich darauf nicht verlinke. Es finden sich E-Mails, in denen Männer über die Körper anderer Männer reden und in jeder zweiten Debatte kommt irgendwann ein Stammtischphilosoph daher, der ein bisschen Popper oder vielleicht sogar ein bisschen Weizsäcker gelesen hat und damit die halbe, ach was, die ganze Welt erklärt.

@yath0r nannte dies einen Dunning-Kruger-Effekt. Das ist nicht ganz falsch, aber das Problem liegt noch ein bisschen tiefer: Das Problem tritt selbst bei hochgebildeten Piraten auf, die also ganz bestimmt keine Idioten sind. Das Problem liegt darin, dass im gesunden Menschenverstand die Maschine, die die das Denken produziert und das Denken beurteilt ein und dasselbe sind. Informatiker-Denke erscheint der Informatiker-Denke richtig und mutatis mutandis gilt dies für alle anderen Disziplinen auch. Dabei wäre es doch so einfach und dies sollte ein Grundsatz piratiger Diskussionen werden:

Differenzgrundsatz: Deine Art zu denken ist nicht falsch, aber nur ein winzig kleiner Schnitt durch eine unendlich mannigfaltige und komplexe Realität. Du kannst nur in Deinem winzig kleinen Hinterhof wirklich recht haben und vermutlich nichtmal das. Sprich also nicht für andere, verallgemeinere nicht Dein Denken, sondern höre zu, schaue zu und versuche andere Arten des Denkens zu lernen.

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Kleider machen Meute

Ich finde es traurig, dass durch die Piraten eine Kleiderdebatte schwelt, die an Niveau kaum zu unterbieten ist. Was soll das? Haben wir den Hauptmann von Köpenick nicht gelesen und ein bisschen kritisches Denken gegenüber textiler Verpackung entwickelt? Glauben wir ernsthaft, es würde ein Argument besser oder schlechter machen, weil das Haar blond, braun oder pink ist? Glauben wir ernsthaft, dass nur Männer im Jackett verantwortlich denken und handeln können? (Eine Position, die angesichts der vorherrschenden Kleidung in den Parlamenten und angesichts der permanenten Krise, durch zu wenige empirische Fakten zu untermauern wäre.)

Nein, glauben wir natürlich nicht. Wir glauben ja auch nicht, dass der Hersteller des Anzugs – sei es Angelo Litrico, sei es Armani – über den Zugang zu einem Job, das Geschlechtsteil über den Zugang zu besseren Jobs, die Haarfarbe über die Intelligenz, die sexuelle Präferenz über die zugeteilten Menschenrechte entscheiden sollten. Das wären ja alles Gesten, mittels derer wir uns den eigentlichen Fragen und Argumenten entziehen könnten, und wer will schon derjenige sein, der in einer der schlimmsten Staats- und Gesellschaftskrisen langer Zeit die Sachthemen aufgibt und wieder über T-Shirts, Turnschuhe und Haarfarben redet? Ich jedenfalls nichts.

Andererseits… Andererseits könnte es ja natürlich sein, dass die hirnzerfräsende Dämlichkeit, die Argumente durch Aussehen ersetzt, uns erst in den ganzen Schlamassel geführt hat. Wer Behauptungen auf schönen Powerpoint-Folien vorgetragen von adretten Lobbyisten eher glaubt, als einem sachlichen Argument, der glaubt auch, dass Steuersenkunden Staatshaushalte sanieren oder Jobs entstehen, wenn man die Arbeitslosen nur lange genug demütigt. Wäre das so – und es ist ja zum Glück völlig offensichtlich, dass diese Denke weder unter Rot/Grün noch unter Schwarz/Gelb geherrscht hat, nicht wahr? – wäre das so, dann wäre der Politikbetrieb längst zu einer ästhetischen Simulation mittels vorbereiteter Reden, kuhhandeliger Hinterzimmerbeschlüsse und betäubenden Neusprechs verkommen und man müsste die Fassade, dass man wirklich Verantwortung in Tun und Handeln für Volk und Staat übernehme, auch durch strikte Kleiderordnungen aufrecht erhalten.

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Die neue zentrale Datei für $foo

Nachdem heute rauskam, dass die Verfassungsschützer in Köln erstmal ordentlich Daten geschreddert haben, als bekannt zu werden drohte, wie gründlich sie bei den NSU-Morden verkackt haben, vermute ich einen ganz anderen Hintergrund für diese tolle neue zentrale Neonazi-Datei, die die Innenminister zielsicher als die eierlegende Wohlmilchlösung entwickelt haben. (Denn mehr Daten ist doch immer gut, nech?)

Ich vermute mittlerweile, dass den Innenministern klar geworden ist, wie sehr sie durch ihre eigenen Ämter beschissen werden und wie extrem diese Ämter regelmäßig verkacken, dass sie einfach ein zentrales Backup haben wollten. Dann können zukünftig die Herren und Damen Schlapphut schreddern und löschen, wie sie wollen, in Berlin steht eine Kopie. Als nächstes bräuchten wir dann eine zentrale Datei über die Rechtsverstöße von Polizisten, bitte. 😉

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Sagen Sie mal, Frau Zeh, …

…lesen Sie eigentlich mein Blog? Oder war das Zufall? 😉

Evelyn Finger und Götz Hamann: „Reich mir mal das E-Book rüber!„, Interview mit Juli Zeh und Klaus Schöffling, Zeit Online, 6. Juni 2012:

Zeh: […] Das Internet ist eine riesige Sichtbarmachungsmaschine. […]

Ich selbst: „Nazis bei den Piraten? (Oder: Warum ich wieder eingetreten bin)„, 30. März 2012:

[…] Das Leben einiger spinnerter CDU-, FDP-, SPD-Mitglieder findet eben nicht im Internet statt und ist damit auch nicht dieser großartigen Sichtbarmachungsmaschine ausgeliefert. […]

Googlet man nämlich „Sichtbarmachungsmaschine„, dann finde ich nur zwei Treffer, die den Begriff im Zusammenhang mit dem Internet verwenden und ansonsten geht es um Visualisierungssoftware und -geräte.

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Land unter

Vorhin hatten wir sogar eine Tornado-Warnung für Käffer südlich der Stadt, aber auch diese Bilder sind nett: … halt, ich sehe gerade, dass jemand in die Videobeschreibung auf Youtube schrieb, dass das Video einem Copyright unterliegen. Daher bette ich es besser nicht ein, sondern verlinke nur: [Video] – Auf die kanadische Variante des LG Hamburgs habe ich nämlich wenig Lust.

 

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